VideoCalls im Lockdown zwischen home office und Betrieb – Teil III

Im dritten Teil dieser Serie geht es nach Rahmenbedingungen einerseits und Tools sowie Plattformen andererseits diesmal um die unterschiedliche Nutzung für diverse Zwecke. Im Lockdown hat sich oft die Frage gestellt, können wir Betriebsratssitzungen als Video-Konferenzen abhalten. Können wir die Beratung von MitarbeiterInnen über VideoCalls machen. Wie sieht es mit Betriebsversammlungen aus?

Was müssen wir bedenken, wenn wir als BR für unsere Informationspflichten zwischen home office und Betrieb zunehmend auf online Kanäle zurückgreifen. Was müssen wir bei all den rechtlich vorgesehenen Gremien bedenken, wenn sie eigentlich nur virtuell zusammenkommen können.

Bei diesen Fragen gilt vorweg, was für so viele Aspekte gesellschaftlicher Organisation unserer letzten Monate gilt. Wir stehen vor neuen Herausforderungen und müssen einiges erst klären, auch rechtlich. Vielleicht werden wir als Gesellschaft, manche Verpflichtungen neu regeln müssen. Aktuell müssen wir bestimmen, welche Kompromisse tragbar sind, und wo die Grenze zu ziehen ist, was wir nicht online als Video-Konferenz machen können.

Die schnelle und grobe Einschätzung sieht folgendermaßen aus:

  • Gespräche mit MitarbeiterInnen z.B. zur Beratung sind jedenfalls über VideoCalls möglich. Wir sollten dabei aber nicht auf die IT-Plattform(en) des Betriebs zurückgreifen.
  • BR-Sitzungen können in der Form einer Telefon- oder Videokonferenz abgehalten werden, aber im Regelfall nur mit Zustimmung jedes einzelnen Betriebsratsmitgliedes.
  • Betriebsversammlungen können nach herrschendem österreichischen Recht nicht als virtuelle Zusammenkünfte stattfinden und jedenfalls nicht, wenn es um Abstimmungen geht.

Gehen wir es einzeln durch.

Gespräche des Betriebsrates mit einzelnen MitarbeiterInnen

Diese konnten selbstverständlich bis jetzt bereits per Telefon durchgeführt werden, können das weiterhin und können genauso per VideoCall stattfinden. Um Vertraulichkeit zu gewährleisten ist allerdings davon abzuraten, dafür Betriebsmittel zu verwenden. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass auch E-Mails kein sonderlich vertrauliches Medium sind. Sie werden, wenn nicht eigens verschlüsselt, als Klartext verschickt und abgespeichert. Genauso ist bei Telefonaten über das Telefonsystem des Betriebs oder die betriebliche Videokonferenz-Lösung zu bedenken, dass wir ohne IT-Administrationsrechte keine Kontrolle über diese Kanäle, ihre Einstellungen und Vertraulichkeit haben.

Unter den Rahmenbedingungen von Lockdown und home office kommen zusätzlich einige Hürden für die Kommunikation erschwerend hinzu, denen wir uns im Teil I dieser Serie gewidmet haben. Im Teil II haben wir umgekehrt Tools und Plattformen behandelt, denen wir im Rahmen mehr Vertrauen können, wenn wir sie für die Kommunikation untereinander im BR und mit MitarbeiterInnen einsetzen können. Gelingt uns schrittweise die Etablierung solcher Kanäle mit und für MitarbeiterInnen, und können wir uns als BR zudem auf eine eigene, von der betrieblichen IT unabhängige digitale Infrastruktur des Betriebsrats stützen, sind wir dafür aber auch wirklich auf der sicheren Seite. Dann ist viel gewonnen, auch für Zeiten nach Lockdowns und unabhängig vom home office.

Virtuelle Betriebsratssitzungen

Es gibt die Möglichkeit eines Umlaufbeschlusses:

„Beschlüsse durch schriftliche Stimmabgabe sind nur zulässig, wenn kein Mitglied des Betriebsrates diesem Verfahren widerspricht. Dasselbe gilt für fernmündliche oder andere vergleichbare Formen der Beschlussfassung. Der Vorsitzende hat für die Dokumentierung der Beschlussfassung zu sorgen.“ (§ 68 Abs 4 ArbVG)

Müssen oder wollen wir als BR eine Betriebsratssitzung via Videokonferenz auch unter den laufenden Bedingungen aus dem home office abhalten, fiele eine solche unter die hier genannten „vergleichbare Formen der Beschlussfassung„. Daraus folgt, dass wir für eine Sitzung per Videokonferenz die Zustimmung aller BR-Mitglieder einholen müssten. Als Videokonferenz ist die Betriebsratssitzung eben nicht das Gleiche wie eine physische Sitzung. Die Vertraulichkeit ist nicht im gleichen Maße geschützt. Wir müssen uns auf technische Plattformen verlassen. Wir sehen unsere KollegInnen nur soweit sie uns das Kamerabild gewähren und nicht, wer sonst noch im Raum ist.

Die Videokonferenz ist der physischen also nicht gleichzustellen. Es gibt Kriterien, die eine virtuelle Zusammenkunft erfüllen sollte, die einer physischen Sitzung möglichst nahe kommt. Hier auf der Website der Arbeiterkammer werden solche Kriterien im Zusammenhang mit Aufsichtsratssitzungen diskutiert.

  • Es muss eine Unmittelbarkeit der Kommunikation zwischen den TeilnehmerInnen möglichst wie im gemeinsamen Raum gewährleistet sein. Das heißt gleichzeitige allseitige Sicht- und Hörbarkeit. Es ist wesentlich, dass alle TeilnehmerInnen jeweils alle anderen TeilnehmerInnen gleichzeitig wahrnehmen können.
  • Für die gemeinsame Kommunikation sollte das möglich sein, worauf wir uns in der direkten Kommunikation stützen können, nämlich alle Dimensionen der Kommunikation wahrnehmen zu können wie Mimik, Gestik, die Färbung unserer Stimmen inklusive Stimmgewirr mit Zwischenrufen usw.
  • Wir müssen nicht teilnehmende Dritte ausschließen und die Vertraulichkeit sichern.
  • Der gleiche Informationsstand aller TeilnehmerInnen muss außerdem schon vor dem Sitzungstermin durch rechtzeitige Abmachung und Ankündigung gegeben sein. Es müssen allen alle relevanten Unterlagen und Informationen zur Verfügung stehen.
  • Es braucht eine Möglichkeit der Teilnahme befugter Dritter (z.B. Sachverständiger).

Gelingt es diese Kriterien zu erfüllen, kann von einer „qualifizierten Videokonferenz“ gesprochen werden. Nur in diesem Fall könnte die Notwendigkeit der Zustimmung jedes einzelnen BR-Mitgliedes entfallen. Da dieses Niveau allerdings kaum erreichbar ist, sollte einfach in der Körperschaft der Konsens erreicht und schriftlich festgehalten werden, wie der BR seine Sitzungen online abhält.

Warum keine Betriebsversammlung online

Deutschland hat in der Corona-Krise eine befristete Möglichkeit bis 31. Dezember 2020 geschaffen, Betriebsversammlungen audio-visuell durchzuführen. In Österreich hat der Gesetzgeber sicher dieser Sache nicht angenommen und es gibt daher nicht viel, worauf wir uns in der Beurteilung der Frage stützen können, ob eine Betriebsversammlung wie im Arbeitsverfassungsgesetz vorgesehen unter Umständen auch virtuell stattfinden und den gesetzlich gesteckten Rahmen erfüllen kann.

In Österreich können Betriebsversammlungen zwar außerhalb des Betriebs stattfinden (§ 47 Abs 2 ArbVG), das Gesetz geht allerdings von einer physischen Zusammenkunft der Belegschaft aus. Eine virtuelle Betriebsversammlung ist nicht vorgesehen. Dazu fehlen schlichtweit die gesetzlichen Regelungen/Ermächtigungen. Wie sollten die Anforderungen an eine Betriebsversammlung online erfüllt werden. Es ist bereits schwierig an eine Checkliste zu denken, was mindestens sicherzustellen wäre.

Mit wessen technischen Mitteln sollten sie abgehalten werden. Wie bleibt der Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit gewahrt. Hieße dieser Grundsatz, sie dürfte nur mit auf betrieblichen Mitteln organisiert und nur mit dienstlichen Equipment besucht werden. Haben alle ArbeitnehmerInnen die technische Möglichkeit teilzunehmen und wie ließe sich das sicherstellen. Noch problematischer würde es, wenn wir nicht nur an eine Betriebsversammlung zur Information der Belegschaft denken, sondern an eine, in der außerdem Abstimmungen vorzunehmen sind. Die technische Hürde einer verlässlichen und gesicherten Wahl über digitale Kanäle ist enorm und kaum zu meistern.

Statt dem Ziel einer Betriebsversammlung, wie im Arbeitsverfassungsgesetz vorgesehen, wäre es daher sinnvoller, sowohl physische Teilversammlungen (§ 44 ArbVG) mit weniger Personen durchzuführen, um die Abstandsregelungen einhalten zu können. Oder auch an Angebote der Information und Diskussion online zu denken, die der BR für die Belegschaft einrichtet und anbietet, die sich aber klar und deutlich von dem Anspruch abheben, eine Betriebsversammlung zu sein.

Betriebsratskörperschaften haben in der Corona-Krise verstärkt auf bestehende Kanäle wie Betriebsratsblogs oder BR-Newsletter gesetzt. Sie haben neue Kanäle eröffnet, wie online Sprechstunden per Videokonferenz-Tool oder Sprachnachrichten. Es spricht nichts gegen das Einholen von Stimmungsbildern mit Umfrage-Tools und das Einrichten von Feedbackschleifen über digitale Kanäle, um die KollegInnen auch aus dem home office zu hören. Die digitale Kommunikation über Plattformen sollte dabei nur nicht die Schwelle von Abstimmungen bzw. Beschlußfassungen nehmen, die von KollegInnen oder dritten dann in Frage gestellt werden, weil sie die Vorraussetzungen nicht erfüllen können, die an sie anzulegen wären.

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Ein Gedanke zu „VideoCalls im Lockdown zwischen home office und Betrieb – Teil III

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