90 Jahre Schattendorf (Doku)

Recht herzlichen Dank bei den Teilnehmerinnen und bei Elisabeth Luif und Walter Floth für die Vorbereitungsarbeiten und für die Durchführung des Seminars.

Im Rahmen des Seminars „90 Jahre Schattendorf – Was lernen wir aus der Geschichte?“ am 26. September 2017 befassten wir uns in einer Gruppe aus 15 Betriebsrät*innen und GPA-djp Mitgliedern mit den Ereignissen des Jahres 1927 als entscheidender Zäsur für die junge Erste Republik und diskutierten, was wir mit dem Wissen über die Vergangenheit für gewerkschaftliche Organisierung heute mitnehmen können.

Nach einer kurzen Einführung und Vorstellungsrunde konnten wir bei einem historischen Spaziergang über den Ring einen Überblick über die Ereignisse des Jahres 1927 gewinnen: Bei Protesten gegen eine Versammlung der rechten Frontkämpfervereinigung im burgenländischen Schattendorf wurden zwei Menschen erschossen, die Täter beim Prozess am Wiener Straflandesgericht jedoch freigesprochen. Die Empörung der Arbeiter*innenschaft drückte sich bei einer großen Spontandemonstration in Wien aus. Reiterattacken der Polizei setzten eine Eskalationsspirale in Gang, Demonstrant*innen setzten den Justizpalast in Brand. Der Schießbefehl des Polizeipräsidenten endete schließlich in einem Polizeimassaker, das 89 Menschen das Leben kostete (85 Zivilist*innen, 4 Polizisten). Für die Verantwortlichen auf Seiten von Regierung und Polizei blieb das Ereignis nicht nur ohne Konsequenzen – es konnte auch erfolgreich zur Legitimierung eines beschleunigten autoritären Umbaus der Gesellschaft im Kontext der ökonomischen Krise der 1920er Jahre eingesetzt werden. Mit dem Argument der „roten Gefahr“ wurden Polizei und Justiz umpolitisiert, Arbeiter*innenrechte angegriffen und die Entdemokratisierung vorangetrieben. Das Jahr 1927 war ein wichtiger Moment in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der Ersten Republik, die schließlich zur Machtergreifung des Faschismus in Österreich geführt haben.

Nach einer Mittagspause vertieften wir unser Wissen anhand von verschiedenen zeitgenössischen und aktuellen Quellen. In Kleingruppen wurden die verschiedenen Positionen von Regierung, sozialdemokratischer Partei bis zivilgesellschaftlicher Kritik anhand von Karl Kraus‘ „Die Fackel“ diskutiert. Auch die aktuelle Ausstellung des Innenministeriums zum Juli 1927 war Teil der Auseinandersetzung. Im Plenum führten wir die verschiedenen Positionen zusammen und diskutierten Bezüge zur Gegenwart, die auch über die österreichischen Grenzen hinaus eine europäische Dimension haben: Auch heute sind wir mit einem Angriff auf Arbeiter*innen- bzw. Menschenrechte konfrontiert. Polizei und Justiz verwenden ähnliche Argumente um repressiv gegen Proteste vorzugehen (bspw. WKR-Demos, G20- und G8 Gipfel), Medienberichte sind oft selektiv und tragen zu einer Täter-/Opfer Umkehr bei.

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Über Werner Drizhal

Den Lehrberuf "Elektromechaniker für Starkstrom" in der AMAG-Ranshofen erlernt. Als Jugendvertrauensratsvorsitzenden zum ÖGB-Oberösterreich als Jugendsekretär gewechselt. Nach Absolvierung der Sozialakademie als ÖGB-Bezirkssekretär für Linz-Land gearbeitet. 1996 bis 1999 Mitglied eines OE-Teams der ÖGB-Zentrale, wo ich mich mit Organisationsentwicklung der ÖGB-Bezirkssekretariate und Mitwirkungsfragen von FunktionärInnen in der Gremienarbeit beschäftigte. 1999 in die ÖGB-Zentrale als Personalentwickler gewechselt. Hauptverantwortlich für die Einführung von MitarbeiterInnengesprächen im ÖGB. Umsetzung von professionellen Personalinstrumenten in der ÖGB-Zentrale. Ausbildung in systemischen Coaching und Erlebnispädagogik absolviert. 2007 Wechsel in die Bildungsabteilung der GPA-djp. Zur Zeit Leiter des Geschäftsbereichs Bildung - Gewerkschafts- und Personalentwicklung in der GPA-djp.

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