Die GPA-djp-Position zum aktuellen Diskussionsstand um das Karl-Weigl-Bildungshaus und dem Sozak-Lehrgang

In diesem Artikel findet ihr eine Zusammenfassung des aktuellen Diskussionsstandes zum Karl-Weigl-Bildungshaus und dem Sozak-Lehrgang – und die Positionen der GPA-djp dazu:

1. Diskussion um das Karl-Weigl-Bildungshaus:

Die AK-Wien will das Karl-Weigl-Bildungshaus in Hinterbrühl/Mödling verkaufen, weil Sanierungskosten anstehen und die Direktion der AK-Wien alles in einem Bildungszentrum mitten in Wien konzentrieren will. Dies würde für die Gewerkschaften bedeuten:

Es gibt kein gewerkschaftliches Bildungshaus in der Nähe von Wien, wo gewerkschaftliches Lernen und Wohnen integriert im Sinne eines pädagogischen Konzepts am gleichen Ort ermöglicht wird. Die Verlegung der Sozak nach Hirschwang ist keine Alternative (she. Punk 2.). Die gewerkschaftlche Bildungsfunktion des Karl Weigl Bildungshauses besteht auch darin, dass bisher in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitskammer, dem ÖGB und Gewerkschaften unser „Bundesbildungsauftrag“ dort wahrgenommen werden konnte. Die Begegnung, der Wissens- und Erfahrungsaustausch von KollegInnen aus verschieden Bundesländern und Gewerkschaften, die Bereicherung durch diese „Unterschiede“ konnten bisher optimal genutzt werden.
Dazu bedarf es eines gewerkschaftlichen Bildungshauses in der Nähe von Wien, wo ausschließlich gewerkschaftliche Bildungsarbeit stattfindet und nicht nebenbei womöglich als „Hauptgeschäft“ kommerzielle Hotelangebote aller Art diesen Bildungsbetrieb stören oder sogar der Bildungsbetrieb sich diesen ökonomischen Hotelsachzwängen unterordnen muss.

  • Wir als Gewerkschaften benötigen direkt ausserhalb von Wien eine geeignete Bildungseinrichtung, die einen Rahmen bietet, der vom Aufenthalt der TeilnehmerInnen über entsprechende Bildungsinhalte bis zur Möglichkeit, sich im kollegialen Umfeld auszutauschen, reicht,
  • die arbeitnehmerInnenpolitische Prägung der Bildungseinrichtung von aufliegenden Informationsmaterialien bis zum Umgang zwischen Personal und BildungsteilnehmerInnen sichtbar ist,
  • wo Ambiente und Atmosphäre die Identifikation mit Gewerkschaften, ÖGB, AK verstärkt und gleichzeitig ein Ort für Austausch mit KollegInnen mit ähnlichen sozialen Erfahrungen, Interessenlagen und Fragestellungen existiert,
  • eine optimale Einbettung der gewerkschaftlichen Bildungsveranstaltungen durch ExpertInnen, pädagogisches Personal, geeignete Materialien und Rahmenveranstaltungen gewährleistet ist.

Gewerkschaftliche Bildungsarbeit ist Bestandteil interessenspolitischer Organisationsarbeit, die in einem Haus, wo gleichzeitig ein kommerzieller Hotelbetrieb geführt wird, nicht geleistet werden kann. Es bedarf eines Ortes, wo man sich im Sinne der oben angeführten Voraussetzungen auf die Bildungsarbeit konzentrieren kann und gleichzeitig die kultur- und bildungspolitischen Angebote einer Großstadt genutzt werden können. Die Nähe zu den gewerkschaftlichen Zentralen im Sinne des interessenpolitischen Auftrags ist zusätzlich vorteilhaft.
Dies ist in einem Bildungszentrum mitten in Wien, wo gleichzeitig Tagungen unterschiedlichster Organisationen, sämtliche interne Weiterbildungsmaßnahmen der AK-Wien, alle Aktivitäten im Rahmen von Arbeitswelt und Schule, usw.. stattfinden, nicht gegeben. Hier geht der gewerkschaftliche Bildungsauftrag unter.

Es ist unbedingt ein gewerkschaftliches Bildungshaus, geführt von der AK-Wien im Großraum Wien, notwendig. Es ist auch ökonomischer diese Einrichtung im Großraum Wien zu haben, weil sämtliche Verkehrsanbindungen sicherlich optimaler von Wien aus gegeben sind. Auch aus den westlichen Bundesländern ist der Großraum Wien leichter erreichbar als zum Beispiel Hirschwang.
Die Leitung eines gewerkschaftlichen Bildungshauses muss die mit einem Bildungshaus verbundenen gewerkschaftlchen Bildungsziele und -inhalte unterstützen und im Vordergrund sehen und hat nichts mit den Zielen eines kommerziell geführten Hotels zu tun.

Schlussfolgerung:

Entweder wird das Karl-Weigl-Bildungshaus renoviert oder
es wird ein gut erreichbares, geeignetes Objekt am Stadtrand von Wien gefunden oder errichtet. – Im übrigen wäre auch in Hirschwang ein Neubau für die Sozak notwendig.

2. Die Diskussion um Hirschwang und den Lehrgang Sozialakademie:

Hirschwang erfüllt nicht die Bedingungen eines gewerkschaftlichen Bildungshauses. Erstens durch den kommerziellen Hotelbetrieb und zweitens sind alle interessenspolitischen, kulturpolitischen und organisatorischen Vorteile durch die Anbindung eines Bildungshauses an den Großraum Wien nicht gegeben und unmöglich.

Wir als GPA-djp haben ein sehr hohes Interesse an einer Weiterführung des Sozak-Lehrgangs in der bisherigen Qualität. Die Hälfte aller TeilnehmerInnen der letzten acht Jahre sind mittlerweile hauptberuflich in der GPA-djp tätig, andere in wichtigen Funktionen in ihrem Betrieb und in Gremien der GPA-djp. Die Sozak leistet also einen enormen personalentwicklerischen Prozess für uns.
Dazu ist unbedingt notwendig, dass die pädagogische Leitung (getragen von KollegInnen der AK-Wien) und die Betreuung vor Ort in diesem Bildungshaus konzentriert ist. Mit Hirschwang als Durchführungsort wird dies getrennt und es müssen zusätzliche aufwendige neue Betreuungsstrukturen geschaffen werden.

Der derzeitige Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklungsprozess ist unter anderem deshalb so erfolgreich, weil  Themen wie Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Arbeitsrecht, die sehr lernintensiv sind, mit Themen zur Steigerung der sozialen Kompetenz, der Diskurs- und Durchsetzungsfähigkeit gut gemischt werden können. In Hirschwang oder in einem Haus ausserhalb des Großraums Wien müssten die Inhalte wieder stärker geblockt werden, was nicht unseren bildungspolitischen Intentionen entspricht.

Wir ersuchen euch die Beschlüsse der GPA-djp, des ÖGB und unsere weiteren Überlegungen, die im Rahmen des Diskussionsprozesses um die Zukunft eines gewerkschaftlchen Bildungshauses im Großraum Wien enstanden sind, tatkräftig zu unterstützen.

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Über Werner Drizhal

Den Lehrberuf "Elektromechaniker für Starkstrom" in der AMAG-Ranshofen erlernt. Als Jugendvertrauensratsvorsitzenden zum ÖGB-Oberösterreich als Jugendsekretär gewechselt. Nach Absolvierung der Sozialakademie als ÖGB-Bezirkssekretär für Linz-Land gearbeitet. 1996 bis 1999 Mitglied eines OE-Teams der ÖGB-Zentrale, wo ich mich mit Organisationsentwicklung der ÖGB-Bezirkssekretariate und Mitwirkungsfragen von FunktionärInnen in der Gremienarbeit beschäftigte. 1999 in die ÖGB-Zentrale als Personalentwickler gewechselt. Hauptverantwortlich für die Einführung von MitarbeiterInnengesprächen im ÖGB. Umsetzung von professionellen Personalinstrumenten in der ÖGB-Zentrale. Ausbildung in systemischen Coaching und Erlebnispädagogik absolviert. 2007 Wechsel in die Bildungsabteilung der GPA-djp. Zur Zeit Leiter des Geschäftsbereichs Bildung - Gewerkschafts- und Personalentwicklung in der GPA-djp.

Ein Gedanke zu „Die GPA-djp-Position zum aktuellen Diskussionsstand um das Karl-Weigl-Bildungshaus und dem Sozak-Lehrgang

  1. Liebe KollegInnen!
    Ich kann mich der GPA-Position zum Thema SOZAK und KW-Bildunghaus nur anschließen. Aufgrund meiner Erfahrungen als Trainer im gewerkschaftlichen und Profit-Bildungsbereich bin ich davon überzeugt, dass professionelle Erwachsenenbildung nicht nur entsprechende Inhalte und Lerndesigns aufgrund klarer pädagogischer Zielsetzungen braucht, sondern auch eine entsprechende Umgebung. Diese kann das professionelle Lernen fördern oder behindern – je nachdem.
    Das Karl-Weigl-Bildunghaus (KWB) ist für mich ein Lernort, der dem Kriterium, das Lernen nach besten Möglichkeiten zu fördern, vorbildlich entsprochen hat (bei allen Optimierungsmöglichkeiten, die sich im Laufe der Zeit in einem derartigen Haus immer finden lassen). Das KWB ist ein Bildungshaus im besten Sinne, wie es die ArbeitnehmerInnenorganisationen im Osten Österreichs brauchen – sowie OÖ den Jägermayrhof als eigenes Arbeitnehmer-Bildunghaus am Rand von Linz braucht: nicht direkt im Zentrum, um produktiven Abstand zum Tagesgeschehen zu haben und eine eigene Lernatmosphäre zu entwickeln, und doch so nahe, um auch von Spitzenfunktionären mit oft verdichtetem Bildungszeitbudget besucht und genützt zu werden. Das finde ich ganz wichtig, damit Bildungsarbeit nicht völlig losgelöst von den Organisationen passiert, aber doch an einem Lernort, der jenseits des Getriebes im Tagesgeschäft zum Denken und Reflektieren einlädt. Nur so können TeilnehmerInnen wirklich kreativ arbeiten: an Schnittstellen. Und gewerkschaftliche Kreativität ist gerade in Zeiten wie diesen nötig.
    Ein Ort wie die Hinterbrühl ist für mich dafür nahezu ideal.
    Das KWB ermöglicht, was in herkömmlichen Hotels, in denen Seminare stattfinden (müssen), oft zum Problem wird: eine Belegschaft, die die Gäste als Lernende wahrnimmt und nicht als Gastronomiekundschaft, ausreichende Gruppenräume für Gruppenarbeiten, das ganze Gebäude kann als Lernfeld für Gruppenarbeiten, Diskussionen, Paarinternviews, erlebnispädagogische Übungen etc. genützt werden und man wird nicht schief angesehen wie in Hotels, oder überhaupt vor den anderen Gästen versteckt, weil es für die Gastromiekundschaft befremdend wirkt, wenn Leute politisch diskutieren, mit Flipcharts hantieren oder sich ganz einfach mit Fragen, die sie bewegen, auseinandersetzen.
    Die SOZAK als Lehrgang – gerade weil sie nicht nur der kognitiven Bildungsvermittlung dient (das kann auch eine Aneinanderreihung verschiedenster Seminare leisten), sondern einen sozialen Entwicklungs- und Vernetzungsprozess für jede/n einzelne/n und die ganze Gruppe darstellt – braucht auch so einen fixen Lernort, der primär zum Lernen geschaffen wurde und der das Lernen nicht nur duldet.
    Für Top-Management-Ausbildungen ist es ganz klar, dass sie ihre fixen Orte haben, wo sie stattfinden und mit denen ihre Spitzenleistungen klar identifiziert werden. Dem Profit-Bildungsbereich im TOP-Segment ist es längst wieder klar geworden, dass Top-Ausbildungen nicht zu Tode modularisiert und räumlich zerstückelt werden dürfen, sondern dass es auch zeitliche und räumliche Kontinuität braucht, damit jede/r TeilnehmerIn, das Lehrgangsteam, die Gruppe zu nachhaltigen und herausfordernden Lernveränderungen befähigt werden.
    Da für mich die SOZAK ganz einfach DIE TOP-Ausbildung der ArbeitnehmerInnen-Organisationen in Ö ist, müssen diese Kriterien aus meiner Sicht auch für sie gelten. Die SOZAK, ihr engagiertes Lehrgangsteam und v.a. ihre TeilnehmerInnen – die zuküftigen Spitzenkräfte der Organisationen – haben es sich verdient!

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